Ankertheorie


Im wörtlichen Sinn bedeutet Ankern so etwas wie koppeln, festmachen, verbinden usw. Damit werden ursprünglich nicht zusammengehörige Dinge , Vorgänge oder Prozesse miteinander verbunden. Pavlow hat dieses Phänomen an Hunden untersucht und hat zwei verschiedene Vorgänge nämlich die Reiz - Reiz Kopplung und die Reiz - Reaktionskopplung definiert.

Im ersten Fall handelt es sich um einen unbedingten Reflex (Fleisch - Speichel) der von einem neutralen Reiz überlagert ist. Beide Reize werden dem Individuum gleichzeitig dargeboten. Nach einem entsprechenden Lernvorgang reagiert es auf den neutralen Reiz mit den gleichen Reflex. Eine so erlernte Reiz - Reaktionsverbindung wird als bedingter Reflex oder auch als bedingtes konditionieren bezeichnet (Bild 4.1.1).

Bild 4.1.1

Diese Gedankengänge wurden von den Behavioristen rund um BATESON aufgegriffen und methodisch untersucht. Innerhalb der Lerntheorien hat dieses bedingte konditionieren zwischenzeitlich einen festen Platz gefunden. Erst mit der Entwicklung des NLP wurde diese Technik dem Alltagsgebrauch zugänglich gemacht.

Im zweiten Fall handelt es sich um die instrumentelle oder operante Konditionierung. Dabei wird ein gezeigtes Verhalten entsprechend sanktioniert. Positive oder negative Konsequenzen dienen der Verstärkung. Somit können beliebige Verhalten auf oder abgebaut werden. (vgl EDELMANN 1986, S. 84).So wie oben gilt auch hier, daß jedem Verhalten ein Reiz vorausgeht. Beim instrumentellen Lernen ist dies der Signalreiz S der dann zu einem Verhalten IV führt. Daraufhin gibt es entweder positive oder negative Konsequenzen K). Die instrumentelle Konditionierung (Bild 4.3) - und da wiederum die Variante der „positiven Verstärkung" - ist Standard der heutigen pädagogischen Ausbildung.

Bild 4.3

Die NLP- Technik des Ankerns gehört zum Bereich des Reiz- Reaktionslernens bei dem eine direkte assoziative Verknüpfung von Bewußtseinsinhalten und Reizen durchgeführt wird. Dabei kann der Reiz und der ausgelöste Zustand entweder dem gleichen oder unterschiedlichen Sinnes- Repräsentationsystemen angehören.

Ankern ist ein Prozeß, der im Kontext der Zeitlinie zu verstehen ist (Bild 4.1.2). Im Zeitpunkt 1 ist die Person einem Ereignis ausgesetzt das eine Zustandsveränderung im Organismus bewirkt. Der Körper reagiert mit Annäherungs-, Flucht- oder Kampfverhalten und erlernt dadurch die Reaktionsweisen, die sein Überleben am besten sichern.

Bild 4.28

Daraufhin werden im Zeitpunkt 2 sämtliche Bestandteile des Ereignisses, der emotionale und physiologische Zustand, sowie die eigenen Reaktionsweisen im Gedächtnis gespeichert.

Der Zeitpunkt 3 stellt den Bereich dar, an dem das gegenständliche Ereignis wieder vergessen, überlagert oder verdrängt wird. Der Mensch hat ja noch vieles andere Wichtige zu tun.

Vielleicht Monate, Jahre oder auch Jahrzehnte später zum Zeitpunkt 4 erscheint in einer an sich neutralen Situation ein Stimulus, der dem der Ursprungssituation entspricht, also geankert ist.

Die Ursprungssituation wird dann zum Zeitpunkt 5 entweder ganz oder zumindest teilweise wieder erlebt. Aussagen wie „ich habe das Gefühl, schon einmal in diesem Raum gewesen zu sein, obwohl ich sicher noch nicht hier war" ist ein durch einen nicht bewußten Anker dieses Raumes ausgelöster Zustand.

Es gibt auch Anker, die ausschließlich zu körperlichen Reaktionen wie heiß, kalt, zittern, usw. führen und keinen gedanklichen Inhalt mit sich bringen. Alle diese Anker sind unbewußt gesetzt worden. Dies trifft auch auf die Alltagsanker zu. Wer z.B. zu gähnen oder zu husten beginnt, kann gut beobachten für wen aller dies ein Anker ist.

Die Werbeindustrie bedient sich der Ankertechnik sowohl unter zu Hilfenahme visueller als auch akustischer Elemente. Die meisten in unserem Kulturkreis lebenden Menschen wissen etwas mit einer „blauen Kuh" (visuell) oder mit dem Namen „Franz" (akustisch) anzufangen . Diesen Unternehmen ist es gelungen, externe Signale zu generieren, die eindeutig auf ihr Produkt hinweisen. Es sind Anker, die „komplette Zustände auslösen können, d.h. emotionale, mentale, physiologische und motorische Reaktionen die lange Zeit Körper und Geist zu fesseln in der Lage sind - im positiven wie auch im negativen Sinn" (SCHMID, NAHLER 1993, S. 164).

Auch Musikstücke oder Sequenzen davon führen Menschen in Zustände, die sie hatten, als sie den betreffenden Reiz mit hoher emotionaler Intensität ursprünglich erlebten. Aus der Schulvergangenheit sind Signale wie Glocke, kreidequitschen an der Tafel, Wachsgeruch usw. für viele Menschen Auslöser von Zuständen , die sie in ihre Kinderzeit zurückführen. Die Wirksamkeit eines Ankers hängt von verschiedenen Faktoren ab (vgl SCHMID, NAHLER 1993, S. 166 ff)