HANS POLTERAUER - Künstlerische Entwicklung
Den
frühen Versuchen mit abstrakter bis realistischer Grafik und Malerei
folgten eine intensive Beschäftigung mit Ornamenten bzw. ornamentalen
Strukturen.
Dabei reizten besonders der rhythmische Charakter des Ornamentes (Wiederholungen)
und die Möglichkeit eins systematischen Vorgehens. Die Systeme, Spielregeln
mit denen die Bilder aufgebaut wurden, beruhten auf Zufall, Zahlenreihen (Primzahlen,
Fibonaccireihe, Verdoppelung,....) und mitunter kam auch Symmetrie ins Spiel.
Eine gewisse Sympathie für das Ornament bestand auch auf Grund des Umstandes, dass es aus der zeitgenössischen Kunst ziemlich verdrängt wurde. Es war daher ein "dünnbesiedeltes Gebiet" in dem es vielleicht noch etwas zu erforschen, zu entdecken gab. Das Ornament ist vielleicht auch zu Unrecht etwas unterschätzt. Es ist eine archaische, ursprüngliche Kunstform. Antike Gegenstände und Kunst primitiver Völker zeigen dies.
Trotz
raffinierter Systeme und intensiver Bemühungen stellten sich die erhofften
Erfolge - die Qualität der Bilder betreffend - nicht ein. Erst als versucht
wurde, die Wiederholungen nicht grafisch, sondern zeitlich mit maschinellen
Mitteln zu erzeugen und Systeme aus mechanischen Bewegungen aufzubauen, stellte
sich eine gewisse Zufriedenheit mit den Arbeiten - seitens des Künstlers
- ein. Seitdem auch der Versuch, die Arbeiten öffentlich zu präsentieren.
Windbetriebenes Gipfelkreuz für den Haugstein
1995, es war ein schöner Herbsttag an dem ich zum Haugstein, den höchsten Berg im Sauwald, aufstieg. Am Gipfel entdeckte ich einen Steinsockel in dem eine Gewindestange einbetoniert war. "Vielleicht war hier einmal ein Gipfelkreuz befestigt", vermutete ich, "eigentlich schade, dass der Haugstein kein Gipfelkreuz mehr hat". Ich beschloss an diesem Tag, dass der Haugstein wieder ein Gipfelkreuz erhalten sollte. Da ich zu dieser Zeit begonnen hatte mit kinetischer Kunst zu experimentieren, beschloss ich, dass es ein windbetriebenes Gipfelkreuz sein sollte.
In den nächsten Tagen wurde ein Stahlrohr besorgt in das ließ ein M10 Gewinde schneiden das zum Sockel passte. Zwei witterungsbeständige Kugellager wurden am Stahlrohr befestigt und an diesem sollte sich einmal das Kreuz im Wind drehen. Die Form des Kreuzes schnitt ich aus Blech aus. Das Blech stammte von einer Flugzeugabsturzstelle knapp unterhalb des Gipfels vom Haugstein. Ende des zweiten Weltkrieges war hier ein Wehrmachtsflugzeug abgestürzt. Es gab dabei fünf Tote. Die Trümmer bestanden eigentlich nur aus Blech, daraus wurde eine Art Gedenkstätte gebildet. Es waren noch sehr gut erhaltene Blechstücke darunter und es war leicht, daraus ein schönes Kreuz zu bilden. Ich schaffte es auch das Blechkreuz so an den Kugellagern zu befestigen, dass es sich schon bei leichten Wind drehte. Eine Seite des Kreuzes beklebte ich mit Spiegelabfällen, die andere mit schwarzem Samt. Wenn sich das Kreuz dreht sollte eine Seite das Licht spiegeln, die andere Seite das Licht verschlucken - ein Blinken sollte entstehen.
Ich hatte das Kreuz so weit fertig und es war ein sonniger und leicht windiger Herbsttag an dem ich das Kreuz montieren wollte. Das Kreuz lag auf meinen Schultern und ich ging den Kreuzweg entlang. Der Haugstein ist auch eine Art Wallfahrtsort mit Kreuzweg, Marterl und Kapelle. Der Kreuzweg schien mir mit dem Kreuz auf den Schultern nicht mehr so lächerlich als sonst, dass mein Leben eigentlich seit meiner Geburt bis jetzt letztendlich aus Unzufriedenheit bestand, dass immer Irgend etwas da war das ich haben wollte, aber nicht konnte. Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Ziemlich erschöpft und deprimiert erreichte ich den Gipfel. Ich schraubte das Kreuz in das Gewinde und begann abzusteigen. Es wurde Abend und ein rotes, warmes Blinken drang durch die Bäume, durch den Wald. Es war wunderschön. Ich wußte, es war mein Kreuz das die Abendsonne spiegelte. Ich war zufrieden, "gut ist es gelungen", dachte ich.
Die nächsten Tage waren günstig, es war sonnig aber auch windig - es war Herbst. Immer wenn ich von der Arbeit heimkam konnte ich das doch ca. 8 km entfernte Blinken sehen. Am achten Tag war es nicht mehr zu sehen. Jemand hatte es auch gesehen.
Ich bestieg nochmals den Haugstein - das Kreuz war weg ...
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