Dagmar Deckstein zeigt sich spürbar angetan von diesem Band des "Altmeisters des systemischen Netzwerkdenkens", der hier deutlich aufzeige, welche Fehlentscheidungen ein allzu "linear-kausales Maschinendenken" nach sich ziehen kann. Dies macht Vester an zahlreichen recht anschaulichen Beispielen plausibel, wie Deckstein anmerkt. So zeige er verfehlte Weichenstellungen bei der Bekämpfung von Vandalismus in U- und S-Bahnen, bei denen eine verstärkte Überwachung seiner Ansicht nach wenig erfolgversprechend ist, sondern er vielmehr für ein "aggressionshemmendes Umfeld" plädiert. Andere Beispiele befassen sich mit der Eindämmung des Rechtsextremismus, den Überkapazitäten im Strommarkt und der Frühverrentung, die – so Deckstein – "kein systemisch geschulter Gewerkschafter" ernsthaft mehr fordern könne. Der gemeinsame Nenner in Vesters Thesen scheint nach Deckstein die enorme Anhäufung von Daten zu sein, die bei Fehlentscheidungen seiner Ansicht nach oftmals eine fatale Rolle spielen. Beim vernetzten Denken in Vesters Sinn stehen jedoch die "überraschenden Einsichten in verborgene Zusammenhänge" im Vordergrund, die dem Leser – wie die Rezensentin feststellt – in mancher Hinsicht die Augen öffnen., Didaktik der Wissenschaft und Mathematik. gelungen."

Frederic Vester ist mit Konsequenz seinen Weg jenseits der ausgetretenen Pfade akademischen Forschens gegangen, und er ist erstaunlich weit gekommen. Sein neues Buch begründet und beschreibt en détail das von ihm entwickelte Sensitivitätsmodell, das den Umgang mit komplexen und vernetzten Systemen erheblich erleichtern und zugleich durchschaubarer machen soll. An einer Vielzahl von Beispielen macht er deutlich, daß das Modell wahrscheinlich universell einsetzbar ist - von der Beurteilung der Großviehschlachtung in München bis zur Planung einer Umgehungsstraße in Bad Aibling. Das Modell erzieht zur konsequenten Konsensfindung, zum kreativen Dialog; es wird kein Aspekt unterschlagen, und eine Situation, in der Vertreter unterschiedlicher Meinungen wie Kampfhähne aufeinander losgehen könnten, wird dadurch konsequent vermieden. Wir haben prinzipiell die Fähigkeit, komplexe Systeme zu verstehen und zugleich überschaubar zu halten; nur haben wir sie nie geübt. Vesters Buch zeigt einen praktikablen Weg auf, wie wir in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung unsere verschütteten Begabungen freisetzen und zur Erhöhung unserer Überlebenschancen weise nutzen können. Das Buch ist ein Volltreffer, dem viele hochkonzentrierte Leser zu wünschen sind. Obwohl es stellenweise sehr locker geschrieben ist, handelt es sich doch um ein inhaltsreiches Lehr- und Lernbuch, dessen voller Nutzen sich erst erschließt, wenn man wirklich mit- und nachdenkt.