Peter
Sloterdijk hat von sich gelegentlich gesagt, er funktioniere "wie ein
Schriftsteller, der sich einen Denker ausdenkt, dem immer wieder andere
Gedanken zustoßen". In seinem Essay Im Weltinnenraum des Kapitals,
den der Popstar unter Deutschlands Philosophen vorab als eine Art Anhang zum
dritten Band seiner Trilogie (Sphären
angekündigt hat, stößt diesem Denker allerlei Assoziatives zu beinahe
sämtlichen Themen zu, die sich rund um die so genannte Globalisierung auftun.
Wie in den meisten
bisherigen Arbeiten Sloterdijks kommt der Denker mit all dem -- zur Freude
zumindest des geneigten Lesers -- spielerisch zurecht. Und wer Spaß hat an der
wieder einmal "großen Erzählung", als die Sloterdijk sein Dichten und
Denken insgesamt und für sich genommen auch jedes seiner Teile begriffen wissen
möchte, kann aus dem Strom der sprudelnden Assoziationen tatsächlich eine ganze
Menge lernen. Etwa über die Zusammenhänge von Kapitalismus und Telepathie,
worüber (unter anderem natürlich) das Stück über "Wahn und Zeit"
handelt, oder über "nautische Ekstasen", "terranes und maritimes
Denken", "Kartographie und imperialen Namenzauber",
"Bordgeistliche" oder darüber, was dabei herauskommen mag, wenn man
in Gedanken (beinahe) Rainer Maria Rilke auf Adam Smith treffen lässt…
Was soll man sagen? Wer
als Leser in den Fluten solch fabulierenden Denkens nicht auf Anhieb freudig
mit zu schwimmen vermag, ist für das Sloterdijkprojekt, sich in einer als
Deutung zu deutenden Welt deutend heimisch zu machen, immer schon verloren.
Jene aber, die des freudigen Deutens des Deuters kundig sind, können bei jedem
neuen Buch aus seiner Feder sicher sein, dass er sie nicht enttäuschen wird.
Und das ist gut so! Und vielleicht vermag die den Glücklichen daraus
erwachsende Freude ja sogar jenen Hoffnung zu machen, die sie nicht teilen
können. Denn: "Die Kreativen, so heißt es hin und wieder, sind jene, die
das Ganze daran hindern, in schädlichen Routinen zu versinken. Vielleicht ist
die Zeit gekommen, die Phrase beim Wort zu nehmen." -- Andreas Vierecke
Kurzbeschreibung
Der Verknüpfung von Erzählung und Philosophieren, dem hervorstechenden Merkmal
der Bücher Peter Sloterdijks, ist es zu verdanken, daß zu Beginn des 21. Jahrhunderts
etwas Grundstürzendes über Globalisierung zu erfahren ist. Denn der Autor nimmt
die mit der Erde als Kugel verbundenen historisch-philosophischen Eigenarten
ernst und gelangt zur These: Was als Globalisierung gelobt oder verschrien
wird, ist die Endphase eines mit der ersten Erdumrundung einsetzenden
Prozesses. Und: Es lassen sich bereits Elemente für eine neue Epoche jenseits
der Globalisierung registrieren.
In der Endphase der terrestrischen Globalisierung hat sich das Weltsystem
vollständig entwickelt und bestimmt als kapitalistisches die gesamten
Lebensverhältnisse. Der Londoner Kristallpalast, Ort der ersten Weltausstellung
1851, dient Peter Sloterdijk als ausdrucksstärkste Metapher für diese
Situation: Er stellt die unvermeidliche Exklusivität der Globalisierung vor
Augen. Dieser Begriff meint demnach die Errichtung eines Komfortgebildes, also
den Auf- und Ausbau eines Weltinnenraums, dessen Grenzen unsichtbar, von außen
jedoch nahezu unüberwindbar sind und der von anderthalb Milliarden Globalisierungsgewinnern
bewohnt wird - die dreifache Zahl von Menschen steht vor der Tür.