Über Managern schlägt Tag für Tag eine gigantische Welle von Informationen, Daten und Eindrücken zusammen. Zeit zur Besinnung, zum Überlegen, zum Abwägen bleibt selten. Kurz, das Nachdenken bleibt oft auf der Strecke. Hermann Simon hat den Anspruch, dieses Nachdenken wieder anzuregen. In seinem neuen Buch handelt er ein breites Spektrum von Themen ab, über Strategie, Führung, Change, Wertewandel, Innovation, Wissen und Kundenbindung bis hin zum aktuellen Zustand Deutschlands. Jedes Thema hinterfragt er kritisch, gibt Denkanstöße dazu oder erinnert an Grundlegendes. Gelungen ist ihm ein aktueller, fundierter, aber sehr subjektiver Überblick, der wichtige Aspekte und Probleme der Wirtschaft anspricht.

Simons Ansichten sind bodenständig und vernünftig. Er spricht sich gegen Managementmoden aus (die im Moment ohnehin etwas aus der Mode gekommen sind), empfiehlt mehr Kontinuität in der Führung und empfiehlt als Strategie gegen schwindelnde Manager, den Anfängen zu wehren und das Motto "Wer lügt, der fliegt" konsequent umzusetzen. Die neuen, härteren Führungstypen, die er in den Chefetagen beobachtet, empfindet er als notwendig, um das ungeheuere Trägheitsmoment des Status quo zu brechen. Aber ein bisschen mehr Vision darf es schon sein: "Wie lässt sich auf Wachstum umschalten, wenn die Grundlagen dazu in den vergangenen Jahren nicht gelegt worden sind?" Und bei vielen Managern sieht er eine große Schwäche, nämlich mangelnde Geschäftsnähe und fehlender Bodenkontakt. Vieles sei zu stark theoretisiert und akademisiert. Dabei ergeben, so empfiehlt er, persönliche Eindrücke vor Ort ein fundierteres Bild als jede "Papierinformation". Auch auf Outsourcing, Fusionen und hochgelobte Best-Practice-Beispiele wirft er einen kritischen Blick.

Simon ist ein scharfer Beobachter und guter Autor, der einen klaren, fast eleganten Stil schreibt, deswegen sind seine Einsichten eine anregende Lektüre. Nur seine Ansichten zu Shareholder Value wirken etwas befremdlich. Seine Hoffnung, dass hinter dem Shareholder Value eine substanzielle Hinwendung des Managements zu echter, langfristiger Gewinnmaximierung steckt, ist angesichts der verbreiteten Quartalszahlen-Panik schwer nachzuvollziehen