ie wird
nun aus einem abgeschlafften Businessmenschen ein "Corporate
Athlete®"? Einer, der vollen Einsatz bringt in Beruf und Privatleben?
"Full Engagement", voller Einsatz, heißt das Trainingsprogramm für
die körperlich-geistige Rundumertüchtigung. Die beiden amerikanischen Trainer
Schwartz und Loehr haben sich bereits beim Coachen von Spitzensportlern einen
Namen gemacht, Spezialkräfte aus Polizei und Militär trainiert und wenden ihr
Wissen nun in erster Linie auf ausgelutschte und demotivierte Manager an.
Solche Bücher und
Programme gibt es wie Sand am Meer. Das Werk von Schwartz und Loehr
unterscheidet sich von ihnen durch einen schonungslosen Realismus.
Schwartz/Loehr stimmen nicht ein in das "We keep the
Balance"-Gesäusel smarter Business-Alleinunterhalter, die innere Ruhe und
Ausgeglichenheit als Gegengewicht zur Arbeit propagieren. Sie malen kein Bild
von einer schönen Arbeitswelt, in der Harmonie und Wohlgefühl Einzug halten,
sobald man nur den neuen Ratgeber gelesen, respektive das Training absolviert
hat. Stattdessen sagen sie: "Die Leistungsanforderungen, denen sich die
meisten Menschen in ihrem Arbeitsalltag ausgesetzt sehen, übertreffen alles,
was wir jemals bei den von uns trainierten Profisportlern erlebt haben".
Der Unterschied ist: Diese trainieren systematisch, jene nicht.
Das ist der Ansatzpunkt.
Was in der Welt des Sports gilt, das gilt auch in der Welt der Arbeit: Kein
Erfolg ohne hartes Training, ohne eiserne Disziplin. Das ist die schonungslose
Kernthese des Buches. Gefragt ist dabei nicht Zeit-, sondern Energiemanagement.
Aus der Sportwissenschaft stammt auch die grundlegende Trainingsmethode, die
Schwartz/Loehr anwenden. Intervalltraining oder Periodisierung, so bezeichnet
man den systematischen Wechsel zwischen Belastung und Erholung, der zu einer
Verbesserung der Leistungsfähigkeit des so trainierten Muskels führt.
Auch die zentrale Methode
stammt aus dem Sport: Die wirklichen Top-Spieler hatten sich Rituale
angeeignet, die es ihnen erlaubten, zwischen den Ballwechseln total zu entspannen
und ihre Energie auf den nächsten Einsatz zu konzentrieren. Übertragen auf den
Arbeitsalltag heißt das, nach Belastungen von etwa 90 bis 120 Minuten
Erholungspausen einzulegen - eben in Form eines Erholungsrituals. Zwischen den
Pausen indes heißt es die Schlagzahl zu erhöhen. Nicht weniger, sondern mehr
Intensität, ist die Devise: "Um Kapazität aufzubauen, müssen wir uns
systematisch mehr Stress aussetzen - mit anschließender Erholung."
Kurzfristig Unbehagen auszuhalten, um langfristig mit einer Leistungssteigerung
dafür belohnt zu werden - jeder Sportler kennt die Methode, welche die Autoren
auch für die Arbeit empfehlen: Raus aus der "Bequemlichkeitszone",
fordern sie.
Leider können sich
Schwartz/Loehr nicht recht entscheiden, was sie wollen: Ihr Corporate Athlete
System promoten, eine Theorie über Energiemanagement formulieren oder einen
Ratgeber schreiben, der die Menschen selbst in die Lage versetzt, die
gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen? Das Buch oszilliert unentschlossen zwischen
diesen Polen. Zwar ist vieles von dem, was Schwartz/Loehr schreiben, in der
Alltagspraxis unmittelbar umsetzbar. Und die undogmatische Art ihrer
Empfehlungen ist eine gute Voraussetzung, dass jeder etwas für sich Geeignetes
findet. Allerdings sind die Grenzen erreicht, wenn es um tiefgreifendere und
grundlegende Verhaltensänderungen geht. Da ist professionelles Coaching
verlangt - und da sind die Unternehmen gefordert.