Die schlechte Nachricht: das Öl geht uns aus. Viel
früher als wir dachten, rechnet Rifkin vor. Zudem befindet sich ein Großteil
der restlichen Erdöl- und Erdgas-Vorräte unter der Kontrolle islamischer
Staaten, in denen der Fundamentalismus immer populärer wird. Kurz, eine schwer
wiegende Energiekrise bahnt sich an. Sie könnte übel ausgehen und unser
gesamtes Gesellschaftssystem kippen: Rifkin interpretiert Aufstieg und
Niedergang der Hochkulturen als vor allem von solchen Energieengpässen
verursacht. Zudem verursacht das Öl schon jetzt Unfrieden: "Seit
mindestens fünf Generationen ist Geopolitik synonym mit Erdölpolitik." Jüngstes
Beispiel: die Interventionsgelüste der USA im Irak.
Doch so schlimm braucht die Zukunft nicht zu
werden. Schaffen wir es, die fossilen Energieträger durch Wasserstoff zu
ersetzen, fallen gleichzeitig die bisherigen zentralistischen Strukturen der
Energieversorgung. Monopole ade! Mithilfe von Brennstoffzellen könnten die
Endverbraucher ihren Strom selbst erzeugen. Rifkin schwärmt von einem neuen
dezentralen Energienetz analog dem World Wide Web, in dem die Bürger ihren
Wasserstoffstrom teilen. "Energy-sharing auf Augenhöhe würde die Macht der
Energiekonzerne für immer brechen", ist Rifkin überzeugt. Er verspricht
sich durch den neuen Rohstoff nicht zuletzt eine gerechtere Weltwirtschaft. Doch
damit es dazu kommt, müssen, so der renommierte Vordenker, die Weichen schon
heute richtig gestellt werden. Denn noch hapert es an einer kostengünstigen und
umweltschonenden Möglichkeit das Gas zu erzeugen. Man müsste es mithilfe von
erneuerbaren Energien herstellen, damit die Sache Sinn macht.
Rifkins neues Buch kommt zur rechten Zeit:
Noch vor kurzem war Klimawandel kaum ein Thema. Seine idealistische These,
penibel recherchiert und faktengespickt wie üblich, ist ein wichtiger Beitrag
zur Diskussion. Andere Experten wie Hartmut Graßl setzen eher auf direkte
Nutzung von Sonnenenergie, propagieren im Gegensatz zu Rifkin und seiner
H2-Revolution ein "solares Zeitalter". Welcher Weg der gangbare ist,
wird sich zeigen -- Rifkins Argumentation stützt sich stark auf die Annahme,
dass Wasserstoff einmal extrem günstig erzeugt werden kann. --Sylvia Englert
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