In dem ganzen Wust populärwissenschaftlicher Literatur, die den Lauf der
Dinge zu erklären versucht, ist es mitunter ziemlich schwierig, etwas Feines zu
finden. Die Materie ist komplex; und packt man 15 Milliarden Jahre Weltengang,
ein paar Millionen Jahre Menschwerdung und einige Hundert Jahre
Kulturgeschichte in gerade einmal 200 Seiten, so muss man sich einiges
einfallen lassen. Die Konzentration auf das Wesentliche zum Beispiel. Dann muss
es fachlich fundiert und sprachlich versiert sein.
"Kompetent und unterhaltsam bringt er [Stefan Klein] uns auf den
aktuellen Stand der Forschung, vermittelt komplexe Sachverhalte und berichtet
von den Antworten, die unser Weltbild revolutionieren". Dieser langweilige
-- wenn auch sachlich richtige -- Satz aus dem Klappentext ist ganz sicher der
erste und der letzte langweilige Satz, den der Leser zu Gesicht bekommt. Das
sei hier versprochen. Stefan Klein hat sich mit dem Titel wahrlich nicht
übernommen! Das Buch erzählt in herausragend gut durchdachter Form den Stand
der Forschung. Aller Forschung. Das ist das Beeindruckende. Sei es die
Entstehung des Lebens oder die von "Dolly", sei es die Erfindung der
Zeitmessung oder die Philosophie des "Wurmlochs", jederzeit hat man
das sichere Gefühl, durch kompetente Führung von Geschichte zu Geschichte zu
gelangen. Die fachübergreifende Sachkenntnis aktueller wissenschaftlicher
Diskussionen ist beeindruckend, Klein hat viel gelesen. Und viel verstanden.
Das Buch ist daher geeignet, sich nicht nur auf bequeme, sondern ziemlich
anregende Weise zu bilden. Und das ist nicht einfach in einer Zeit, in der kaum
etwas so kurzlebig ist wie Wissen. Umwälzende wissenschaftliche Entwicklungen
passieren immer mehr fernab gesellschaftlichen Bewusstseins. Gerade deshalb ist
es wichtig, nicht den Überblick zu verlieren. --J. Schüring
Kurzbeschreibung
Urknall, irdisches und außerirdisches Leben, menschliches Bewußsein und
geklonte Menschen - der Wissenschaftsjournalist Stefan Klein zeichnet die
Chronik der Schöpfung nach. Kompetent und unterhaltsam bringt er uns auf den
aktuellen Stand der Forschung und beschreibt selbst komplexeste Sachverhalte
einleuchtend und nachvollziehbar. Nie zuvor in ihrer Geschichte hat die
Menschheit so viele Entdeckungen gemacht wie im letzten Jahrzehnt. Noch ist die
Tragweite der meisten nicht ausgelotet, doch zweifellos werden viele das Denken
eingehender verändern als einst Kolumbus' Entdeckung der Neuen Welt. Physiker
sind dem Urknall experimentell bis auf eine zehnmilliardstel Sekunde nahe
gekommen. Man vermutet, daß unser Kosmos nur einer von vielen ist. In
verborgenen Habitaten des eigenen Planeten, in der Tiefsee und im Inneren der
Erde, wurden Lebensformen entdeckt, die Hinweise auf die Existenz von
extraterrestrischem Leben geben. Gen-Untersuchungen offenbaren, nach welchen
Gesetzen die Natur neue Wesen erschafft. Und der Mensch hat sich zum Schöpfer
aufgeschwungen: Entwicklungsbiologen arbeiten daran, Organe vom Fließband
liefern und träumen vom geklonten Homo sapiens. Immer weniger befriedigt von Antworten
auf die Frage: "Wie funktioniert das?", nehmen sich
Grundlagenforscher des Stoffs an, der bis vor kurzem allein den Mythen,
Philosophien und Religionen vorbehalten war. Von all diesen Entdeckungen und
Umbrüchen handelt dieses Buch. Erzählerisch, unterhaltsam und immer auf dem
neuesten Stand berichtet Stefan Klein von den Fragen, die die Wissenschaft in
diesem Jahrhundert beschäftigt haben, und den Anworten, die unser Weltbild
revolutionierten."So macht Wissenschaft Spaß. Sehr empfehlenswert.">Unicum<.
Der Verlag über das Buch
Nie zuvor in ihrer Geschichte hat die Menschheit so viele Entdeckungen gemacht
wie im letzten Jahrzehnt. Noch ist die Tragweite der meisten nicht ausgelotet,
doch zweifellos werden viele das Denken eingehender verändern als einst
Kolumbus‘ Entdeckung der Neuen Welt. Physiker sind dem Urknall experimentell
bis auf eine zehnmilliardstel Sekunde nahe gekommen. Man vermutet, daß unser
Kosmos nur einer von vielen ist. In verborgenen Habitaten des eigenen Planeten,
in der Tiefsee und im Inneren der Erde, wurden Lebensformen entdeckt, die
Hinweise auf die Existenz von extraterrestrischem Leben geben.
Gen-Untersuchungen offenbaren, nach welchen Gesetzen die Natur neue Wesen
erschafft. Und der Mensch hat sich zum Schöpfer aufgeschwungen:
Entwicklungsbiologen arbeiten daran, Organe vom Fließband liefern und träumen
vom geklonten Homo sapiens. Immer weniger befriedigt von Antworten auf die
Frage: »Wie funktioniert das?«, nehmen sich Grundlagenforscher des Stoffs an,
der bis vor kurzem allein den Mythen, Philosophien und Religionen vorbehalten
war. Von all diesen Entdeckungen und Umbrüchen handelt dieses Buch.
Erzählerisch, unterhaltsam und immer auf dem neuesten Stand berichtet Stefan
Klein von den Fragen, die die Wissenschaft in diesem Jahrhundert beschäftigt
haben, und den Anworten, die unser Weltbild revolutionierten.
Über den Autor
Stefan Klein, geboren 1965 in München, studierte Physik und Philosophie in
München und promovierte in Freiburg über Biophysik. Er schrieb Beiträge für die
Süddeutsche Zeitung und die FAZ und war von 1996 bis 1999
Wissenschaftsredakteur beim Spiegel. Seit 1999 ist er Redakteur bei Geo. 1998
erhielt er den Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus.
Auszug aus Die Tagebücher der Schöpfung. Vom Urknall zum geklonten
Menschen. von Stefan Klein. Copyright © 2000. Abdruck erfolgt mit freundlicher
Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.
Vorwort
Die Fragen, über die der Mensch seit jeher rätselt, lassen sich in Mysterien
und Probleme unterscheiden: Vor einem Mysterium stehen wir fassungslos
staunend, ein Problem erscheint uns grundsätzlich lösbar. Geburt und Tod,
Weltanfang, Weltende - für die Menschen der Antike waren alle großen Fragen
Mysterien. Man kann die Geschichte seither als den fortwährenden Versuch
auffassen, Mysterien in Probleme zu verwandeln. Nie zuvor war die Menschheit
dabei so erfolgreich wie im letzten Jahrzehnt. Denn noch nie hat sie so viele
Entdeckungen gemacht und nie haben Forscher so weit Zugang zu den Ursprüngen
und den letzten Dingen der Natur gewonnen. Physiker sind dem Urknall
experimentell bis auf eine zehnmilliardstel Sekunde nahe gekommen. Kosmologen
haben das Alter des Universums bestimmt und erkannt, dass es keinen
Weltuntergang geben wird, anders, als sie dachten. Inzwischen gehen sie daran,
ihre Vermutung zu belegen, dass unser Kosmos nur einer von vielen sein könnte.
Wie das Leben entstand und nach welchen Gesetzen die Natur immer neue Wesen
erschafft, wurde zumindest in Umrissen wissenschaftlich geklärt. Neu entdeckte
Lebensformen in verborgenen Nischen, in der Tiefsee und im Inneren der Erde,
fast unabhängig von der Außenwelt und mit einem fremdartigen Stoffwechsel,
geben Hinweise auf mögliches Leben auch woanders im All. Und die Wissenschaft
hat schließlich selbst das menschliche Bewusstsein als ein Ergebnis der
Evolution gedeutet. So hat der Homo sapiens begriffen, dass auch er ein ganz
gewöhnliches Produkt der Schöpfung ist; zugleich aber hat er sich selbst
aufgeschwungen zum Schöpfer. Ein geklontes Schaf wurde zum Symbol einer neuen
Zeit, in der der Mensch die Kreatur nicht nur ihm untertan macht, sondern sie
nach seinen Bedürfnissen formt. Ins Visier seiner Gestaltungswut hat er sogar
seine eigene Gattung genommen. Genetiker entschlüsseln das menschliche Erbgut,
Mediziner wollen Organe vom Fließband liefern und träumen vom geklonten Homo
sapiens. Von all diesen Entdeckungen und Umbrüchen handelt dieses Buch. Es
berichtet von dem einschneidenden Wandel, den die Naturwissenschaften in der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchgemacht haben: Immer weniger
befriedigt von Antworten auf die bloße Frage »Wie funktioniert das?«, wollen
Grundlagenforscher die Welt nun aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus
erklären. Die Prozesse der Schöpfung sind ihr Thema geworden. Sie haben sich
des Stoffs angenommen, aus dem noch vor kurzem allein die Mythen, Philosophien
und Religionen bestanden.
Schon die Lehre Charles Darwins, dass sich das Leben vom Einfachen zu immer
komplizierteren Formen entwickelte, sich fortwährend veränderte und immer
vielfältiger wurde, besaß eine Suggestivkraft nicht geringer als die biblische
Schöpfungsgeschichte, hat der Biologe Edward Wilson einmal gesagt. Doch Darwins
Evolutionstheorie war ein Leuchtfeuer in ihrer Zeit, nicht Ausdruck einer
verbreiteten Überzeugung. Bis sie eine solche werden konnte, musste zuerst die
Forschung ihre Detailarbeit leisten, musste der böhmische Mönch Gregor Mendel
durch Kreuzungsversuche in seinem Klostergarten die Vererbungsgesetze
entdecken, mussten Mikroskope aufkommen, um die Chromosomen als Träger der
Erbinformation sichtbar zu machen, und mussten schließlich, im Jahr 1953,
Francis Crick und James Watson die Struktur der Erbsubstanz bis in deren Atome
erklären. Erst nachdem all diese Voraussetzungen in der Biologie und der Physik
geschaffen worden waren, konnte die Wissenschaft während der letzten Jahre auf
breiter Front in die Grenzgebiete des Glaubens vordringen. Messinstrumente wie
Superteleskope, welche fast alles, was im Universum überhaupt sichtbar ist, ins
Blickfeld gerückt haben, Methoden wie die Hirndurchleuchtung und der
Fortschritt bei der Entschlüsselung der Gene haben die Forscher dazu in die
Lage versetzt. Wilson nennt diesen Aufbruch »eines der größten Abenteuer, das
je stattfand«2. So sind die großen Fragen, über die der Homo sapiens immer
schon gegrübelt hat, mindestens teilweise der Überprüfung zugänglich geworden:
Wie entstand die Welt? Was ist Leben? Was bedeutet Bewusstsein? Dieses Buch
beschreibt, welche Antworten die Forscher heute auf diese Fragen geben. Ein
Motiv, das in diesen Erklärungen immer wieder auftaucht, ist der Zufall. Mit
der Entdeckung, was für eine ungeahnt zentrale Rolle er in der Natur spielt,
war eine der großen wissenschaftlichen Revolutionen des 20. Jahrhunderts verbunden.
Umso erstaunlicher ist es, dass Biologen und Chemiker zunehmend zu dem Schluss
kommen, Leben musste auf der Erde fast zwangsläufig entstehen. Die Frage, wie
viel Zufall und wie viel Notwendigkeit dazu führten, dass die Welt so wurde,
wie sie ist, gehört zu den hintergründigsten der heutigen Forschung. Dass meine
Darstellungsweise eher erzählerisch als wissenschaftlich-systematisch ist, hat
zwei Gründe: Zum einen gehen viele Abschnitte auf Berichte zurück, die ich in
den Jahren 1996-1998 für den "Spiegel" verfasst habe. Zum anderen
scheint mir kaum eine Form dem Gegenstand so angemessen wie die des Erzählens.
Mit Wortschöpfungen wie »schwarzes Loch«, ,>Urknall« oder »egoistische Gene«
gebraucht die Wissenschaft selbst zunehmend Metaphern. Die Fallgesetze, die
Galileo im 16. Jahrhundert aufschrieb, sind noch jedem Schulkind beizubringen.
Wer in die Regeln der Atomphysik, in die um 1920 entdeckte Quantenmechanik
eindringen will, benötigt schon ein Physikstudium samt Ausbildung in höherer
Mathematik. Die mathematischen Abgründe der heutigen Theorien vom Anfang der
Welt aber versteht, sofern diese nicht sein Spezialgebiet sind, auch kein
Physiker mehr. Deswegen kommen die Wissenschaftler selbst, schon um sich
untereinander zu verständigen, nicht umhin, sich der Metapher zu bedienen. So
nähert sich die Naturwissenschaft auch in ihrer Bilderfreudigkeit den uralten
Mythen. »Je tiefer wir in das Universum eindringen, umso mehr überrascht uns
das erzählerische Element, das uns auf allen Ebenen begegnet«, schreibt Ilya
Prigogine, der für seine Entdeckung der Entstehungsweise neuer Strukturen den
Chemie-Nobelpreis erhielt. »Die Natur präsentiert uns eine Reihe von
Erzählungen, von denen eine Bestandteil der anderen ist: die Geschichte des
Kosmos, die Geschichte der Moleküle, die Geschichte des Lebens und des Menschen
bis zu unserer persönlichen Geschichte. Unweigerlich denkt man an Scheherazade,
die jede ihrer Erzählungen unterbricht, um eine neue, noch schönere zu
beginnen. «