Das
kurzfristige Shareholder-Value-Denken hat in den Unternehmen viel Schaden
angerichtet -- und die Kündigungswellen der letzten Zeit, oft schlecht
kommuniziert und ohne Einfühlungsvermögen durchgezogen, haben das Klima in den
Unternehmen noch stärker angeknackst. Golemans neues Buch stimmt in den anschwellenden
Chor derer ein, die eine emotionalere, menschlichere Führungskultur fordern.
Bisher wurden Emotionen
als unternehmerisch irrelevant ignoriert, kritisiert der Autor des Bestsellers Emotionale
Intelligenz, und beginnt in seinem typischen Mix aus
neurologisch-psychologischen Fakten, Beispielen und Umsetzungstipps deutlich zu
machen, warum eigentlich das Gegenteil der Fall sein sollte. Wenigen
Vorgesetzten ist bewusst, wie stark ihr Verhalten und ihr Umgang mit Emotionen
auf die Mitarbeiter und die gesamte Kultur im Unternehmen abfärben. In Gruppen,
so erklärt Goleman, synchronisieren sich die Stimmungen, und da die Menschen
emotionale Hinweise von oben beziehen, wirkt sich die Haltung des Chefs bis
hinunter in die untersten Ebenen aus. So kann eine "toxische" Führung
das Klima eines Unternehmens durch und durch vergiften. Ein
"resonanter" Führungsstil, wie Goleman die emotional intelligente
Variante nennt, wirkt sich dagegen rundum positiv aus.
Das heißt nicht, dass
Führungskräfte übermäßig "nett" sein müssen, nimmt Goleman sofort den
naheliegenden Einwand vorweg. Kritisiert ein Chef schlechte Leistungen nicht,
tut er seinem Team keinen Gefallen. Doch will er langfristig Erfolg haben und
ein gesundes Klima schaffen, sollte er schleunigst seine emotionale Kompetenz
ausbauen: Er muss seine eigenen Emotionen verstehen können, er muss sie unter
Kontrolle halten können, er muss Empathie besitzen und ein Profi des
Beziehungsmanagements sein. Das alles sind keine angeborenen Begabungen,
sondern erlernte Fähigkeiten, beruhigt Goleman. Im zweiten und dritten Teil des
Buches liefert er ein manchmal etwas schwammiges Umsetzungsprogramm in Richtung
emotionale Intelligenz für Führungskräfte, für Teams und für Organisationen
mit. Das Grundmuster: Erst muss man den Mut aufbringen, sein "reales
Selbst" oder den wirklichen Zustand der Organisation zu erkennen, dann
gilt es (gemeinsam) ein "ideales Selbst" zu definieren und mithilfe
von neuen Normen und einem Lernplan langfristig zu verankern.
Für Führungskräfte war
und ist die Beschäftigung mit solchen Fragen noch nicht selbstverständlich, zu
lange standen solche Themen einfach nicht auf der Tagesordnung. Ließ sich einer
mal von seiner Intuition leiten, musste er fast schon ein schlechtes Gewissen
haben. Doch "Resonanz erzeugende Führungskräfte befreien sich von der
alten Führungsschablone", verkündet Goleman. Sein Ideal ist ein Manager,
der zwischen ganz verschiedenen Führungsstilen hin- und herwechseln kann, der
weiß, wann Zusammenarbeit nötig ist, wann es zuzuhören gilt, wann visionäres
Denken gefragt ist -- und auch, wann Anordnungen zu erteilen sind. Und nie
stellt er die Strategie über die Menschen