Gestatten, eine philosophische Frage: Was ist das Schnabeltier? Ein Maulwurf, eine Ente, ein Fisch? Legt es Eier oder säugt es? Wem jetzt dazu spontan nichts einfällt, der kann natürlich zurückfragen: Was, Bitte, hat das Schnabeltier mit Philosophie zu tun? Genau an diesem Punkt setzt Umberto Eco in seinem jüngsten Werk an. Die klassifikatorische Verlegenheit wird zur sprachphilosophischen Fragestellung: Wie gelangt der Mensch überhaupt zum Begriff eines bisher unbekannten Gegenstandes? Wie funktioniert, was Kant die "reflektierende Urteilskraft" genannt hat, das hypothetische Fortschreiten vom Besonderen zum Allgemeinen? Oder: "Überlegen wir uns, was Kant erlebt hätte, wenn ihm ein Schnabeltier begegnet wäre."

Im Universum der Gelehrsamkeit Umberto Ecos sind das keine neuen Fragen, und letzten Endes stehen sie inmitten der Material- und Gedankenfülle dieses Buches wie erste unter gleichen. Etwa neben dem ontologischen Grundkurs "Vom Sein", den Eco aus sprachanalytischer Perspektive aufrollt oder der Frage nach der Peirceschen "Ikonizität" der Zeichen. Ecos Erbe von dem amerikanischen Pionier der Semiotik macht sich auch in diesen neun neuen Aufsätzen bemerkbar, in einer Auseinandersetzung mit Peirces Kant-Lektüre.

Auf Ecos Weg von einer speziellen semiotischen Theorie hin zu einer allgemeinen Kulturtheorie des Zeichenverstehens ist dieses Buch die vorläufig letzte große Wegmarke -­ keine Neubearbeitung, sondern die gewissenhafte "Ergänzung und Korrektur" seiner einflussreichen Semiotik. Und wenn dieser Weg nicht auch ein Weg vom blutleeren strukturalistischen Stil der 60er Jahre hin zur Lust am Fabulieren gewesen wäre, müsste man nicht extra erwähnen, dass dies kein Roman ist. Auch wenn bei dem Titel mancher gehofft haben mag, es wäre einer