Was Gunter Dueck über die Denk-weise in heutigen
Großunternehmen erzählt, kann ich mühelos anhand eigener Erfahrung
nachvollziehen. Die vielen seltsam anmutenden Beispiele stammen keineswegs nur
aus seinem persönlichen Umfeld, sondern lassen sich in allen Firmen
wiederfinden, die sich einer modernen Unternehmenskultur verpflichtet haben,
also insbesondere in der Welt der so genannten Global Player.
Dem Autor geht es jedoch nicht vorrangig um
das Erzählen von Geschichten, sondern darum, die Ursachen dieser teilweise
skurrilen Begebenheiten aufzudecken. Dabei greift er weit in die
Menschheitsgeschichte zurück: Sein Ausgangspunkt ist der Übergang von einer
sporadisch aktiven Jägerkultur zu einer der Effizienz verpflichteten
Bauernkultur, oder eben die Ablösung des Intuitiven und Sporadischen durch
Logik und Ordnung. Mit diesem Wandel ist eine Änderung der in der Gesellschaft
dominanten psychologischen Präferenzen verbunden. Wie schon in dem
Vorgängerbuch "Wild Duck" (besprochen in Spektrum der Wissenschaft
11/2000, S. 101) teilt Dueck die Menschen in Typen ein: diesmal in den
ordnungswahrenden Citizen, den anpackenden Go West, den dem Tiefgründigen
verbundenen Star Trek und den sinnsuchenden Blue Helmet.
Dueck beschreibt, wie das vorherrschende Bauerndenken
im Bemühen, die vorhandenen Strukturen immer effizienter zu gestalten, in eine
Sackgasse gerät. Vorangetrieben wird diese Entwicklung von den alles
durchdenkenden Citizens, die sich als eine Art Superbauern entpuppen. Dieses
Denken durchdringt inzwischen alle Bereiche unseres Lebens, von der Schule, wo
wir immer ordentlich unsere Hausaufgaben machen sollen, bis ins Berufsleben, in
dem die Tugenden der Superbauern als idealer Karriereweg gelten. Abweichungen
gelten beinahe schon als krankhaft. Den Nicht-Bauern werden in Randbereichen
misstrauisch beäugte Reservate eingeräumt: für Künstler, Lehrer oder
Altenpfleger. Sie alle scheinen dem Anspruch der Effizienz nicht zu genügen.
In der heutigen Wirtschaft hat die
Bauernkultur ihre eigentliche Heimstatt gefunden, gekrönt von der Idee des
Share-holder-Value. Diese verurteilt die Unternehmen geradewegs dazu, immer
effizienter zu werden und unaufhörlich positiv in die Zukunft zu blicken. Ein
Zurückweichen darf es nicht geben, wir kennen keine Probleme mehr, sondern nur
noch Herausforderungen. Es zählt lediglich der messbare Erfolg. Dueck
beschreibt, wie dieses Denken zum Verlust all dessen führt, was über das Messen
hinausgeht: Zufriedenheit, Innovation, Kreativität. All dies ist in erster
Linie nur fühlbar und stört im Zweifelsfall den reibungslosen Ablauf der
Maschinerie.
Plötzlich erscheinen aber Akteure, die sich
dem Diktat des Messbaren entziehen, aber gerade darum erfolgreich sind.
Vorreiter dieser Bewegung ist der "E-Man", der intuitiv, risikobereit
und abruptem Wandel aufgeschlossen der Bauernwirtschaft trotzt. Diese antwortet
gemäß ihrer bewährten Logik, indem sie versucht, noch effizienter zu arbeiten,
nach der Devise "Nun seien Sie doch mal kreativ". In ihrem Hang zum
Tugendexzess verliert sie jedoch die Frage nach dem Sinn des Ganzen aus den
Augen. Ob die Entstehung der E-Welt einer globalen Kommunikation und
Interaktion diese Entwicklung ausgelöst oder nur beschleunigt hat, mag
zweitrangig erscheinen.
Dueck sieht, dass der E-Man ein Überdenken
der bestehenden Tendenzen nötig macht. Er plädiert für eine Balance der
Charaktere, in der sowohl Jäger als auch Bauern ihren Platz finden. Wenn jedoch
unser Denken in der Optimierungslogik verhaftet bleibt, wenn wir also das
Jägerartige nur akzeptieren, weil es in einem gewissen, nicht messbaren Sinn
"optimaler" ist, finden wir uns unversehens auf dem Tugendpfad der
Effizienzsteigerung wieder. Wichtig ist es, mit dem Überdenken der Strukturen
zu beginnen, auch wenn der Appell zur Umkehr noch keinen Weg aus der Sackgasse
weist. Gunter Dueck hat in dieser Hinsicht mit seiner packend geschriebenen
Problemanalyse auf jeden Fall einen ermutigenden Schritt in die richtige
Richtung getan.