Aus der Amazon.de-Redaktion
"Trauen Sie Ihren Instinken nicht." Das ist ganz gewiss keine Lebensweisheit von der Stange. Unsere Gene setzt viel auf Evolution und wenig auf "inneres Kind" und argumentiert, dass uns Darwin weitaus mehr über uns selbst zu sagen hat als Freud. Das Buch ist die Arbeit zweier junger Schüler von E. O. Wilson (und wurde von Wilson selbst als "brillant" bezeichnet): Terry Burnham, Wirtschaftsprofessor an der Harvard's Kennedy School of Government und Jay Phelan, Biologieprofessor.

Burnham und Phelan teilen die Dinge des Lebens in zehn Kategorien ein: Schulden, Fett, Drogen, Risiko, Habgier, Geschlechterspiele, Schönheit, Untreue, Familie sowie Freunde und Feinde. Für alle diese Punkte bieten sie eine Zweistufenanleitung zu einem besseren Leben. "In einem ersten Schritt lernen wir, die triebhafte Seite in uns zu verstehen, insbesondere jene Begierden, die uns in Schwierigkeiten bringen und uns zum Verhängnis werden können. In einem zweiten Schritt wollen wir uns diese Erkenntnisse nutzbar machen, damit wir unsere Triebhaftigkeit bezähmen können."

Ein Beispiel: Das in USA durch Nancy Reagan propagierte "Just say no" -- "Sag einfach nein" -- zu Drogen ist sicherlich der einfachste Weg, sich eine schlechte Angewohnheit abzugewöhnen; leider ist dieser offensichtliche und Kosten sparende Ansatz aber auch derjenige, der die geringsten Chancen auf Erfolg hat. Zur Verdeutlichung: Von 20 Personen, die sich vornehmen, sich mit "Just say no" das Rauchen abzugewöhnen, gelingt es nur einer, es auch tatsächlich zu tun. Bloße Willenskraft scheint eine großartige Lösung zu sein -- bis zu dem Punkt, an dem die menschliche Schwäche zuschlägt und wir uns doch wieder eine Zigarette anzünden oder eine Margarita mixen.

Statt mit dem Einsatz von Schlagwörtern, rückt Unsere Gene dem Problem der Überwindung einer Sucht mit der Erkenntnis auf den Leib, dass "jeder Mensch ein starkes, instinktives Verlangen nach schädigenden Substanzen hat". Diese Erkenntnis, zusammen mit einem umfassenden wissenschaftlichen Verständnis der angenehmen Auswirkungen einer beliebigen Droge auf das Gehirn, bietet eine realistischere Vorgehensweise -- beispielsweise das Finden einer weniger schädigenden Ersatzdroge, die zu einem ähnlichen Kick führt.

Solche praktischen, strengen, aber gut gemeinten Empfehlungen, um das Tier in uns im Zaum zu halten, werden im gesamten Buch geboten -- ob es nun um das Thema geht, wie man überflüssige Pfunde loswird, für das Altenteil spart oder den Reizen der Frau Nachbarin widersteht. Phelan beschreibt, wie er sofort Mayonnaise auf alle verlockenden Süßigkeiten schmiert, die auf langen Flügen zum Essen serviert werden, um sich davon abzuhalten, diese zu essen. Und Burnham erzählt uns, wie er sein Internetkabel verschenkte, um sich von einer ernsthaften Spekulationssucht mit Tagesgeschäften an der Börse zu befreien.

Die Autoren greifen auch gerne auf Beispiele aus der Tierwelt zurück, um ihre Argumente zu untermauern. Das liest sich dann zwar äußerst faszinierend, lässt sich aber selten auf unser tägliches Leben übertragen. Wie das Beispiel einer australischen Spinnenart: "Gleich nachdem sie rund 100 Jungspinnen geboren hat, verflüssigt sich im wörtlichen Sinn der Leib der Mutterspinne in eine breiige Fleischmasse. Die Jungen zehren am Fleisch der Mutter und werden so mit vollen Bäuchen ins Leben entlassen." --Patrick Jennings